Editorial Still Life Fotografie & Styling
Seit Jahrhunderten ist das Töten mit Gift die Domäne von Frauen. Als traditionelle Speisenzubereiterin und Krankenpflegerin in der Familie verfügten sie von Beginn an über Wissen und Zutaten rund um Heil- und Giftkräuter.
Unliebsame Mitmenschen lassen sich mit dem richtigen Inhaltsstoff und der richtigen Dosis ganz einfach beseitigen, immer mit dem Ziel, so wenig Spuren wie möglich zu hinterlassen – raffiniert, hinterhältig und leise.
Die Still Life Fotografieserie «gift» visualisiert in Bildpaaren konkrete Giftmorde (und Mordversuche) der Zeitgeschichte. Die servierte Speise (bzw. das Getränk) wird der giftigen Zutat gegenübergestellt, die für das Opfer unsichtbar ist – dem zentralen Bestandteil der Mahlzeit.
Als charakteristische Grundfarbe dieser redaktionellen True Crime Still Life Fotoserie steht Pink für das Zarte und Weibliche und spielt mit seiner symbolischen Bedeutung und ihren Klischees. Gleichzeitig weist der Farbton durch seine Nähe zur Signalfarbe Rot, in der die Giftmotive eingefärbt sind, subtil auf die drohende Gefahr hin.
Die Doppeldeutigkeit des deutschen Begriffs „Gift“ (Englisch: Geschenk) verleiht der Fotoserieaußerhalb des deutschen Sprachraums einen zusätzlichen Twist.
GENRE
Editorial Still Life Fotografie
LOCATION
Hannover/Hamburg, Deutschland
STATUS
in progress
»Kartoffelbrei«
Das scheinbar amouröse Interesse von Simone S. an Martin S. basierte ausschließlich auf ihren finanziellen Schwierigkeiten. Die junge Frau fand den gut situierten Informatiker über eine Partnervermittlung und das Schweizer Ehepaar heiratete bald darauf. Daniel, ihr Freund und Vater ihres 1992 geborenen Kindes, lebte im selben Haushalt. Martin S. duldete die Dreieckskonstellation, doch das Paar empfand den Ehemann bald als lästigen „Störer“ und beschloss, sich von ihm zu trennen. Nach mehreren erfolglosen Versuchen mit Schlafmitteln und Giftpilzen gelang Simone S. im September 1993 mit Hilfe von Daniel C. der dritte Mordversuch.
GIFT
Schlaftabletten (in Kartoffelpüree aufgelöst); Lokalanästhetikum (injiziert); Knollenblätterpilze (Saft, gespritzt)
OPFER
Ehemann Martin S.
VERSUCH ERFOLGREICH?
Ja
»Bier«
Margit Grätz – schwierige Kindheit, Sprachbehinderung und ein IQ von 74 – wurde ihrem Mann von Nachbarn vorgestellt: Ein einsamer Landwirt, Alkoholiker. Die Hochzeit fand vier Monate später im ländlichen Bayern statt, zwei Kinder folgten. Im Laufe der Jahre nahm Josefs Alkoholkonsum zu, bis er nicht mehr aus dem Bett kam. Margit musste die Bierkisten zu seinem Bett tragen und den gesamten Hof allein führen. Eines Abends im Jahr 1984 wurde ihr alles zu viel und sie schüttete Pfeifenreiniger in eine halbleere Bierflasche auf Josefs Nachttisch. Am nächsten Morgen war er tot.
Vier Jahre später – sie hatte nun ein drittes Kind aus einer neuen Beziehung und wurde regelmäßig von ihrem Schwiegervater vergewaltigt, mit dem sie nun ein Haus teilen sollte. Wieder schüttete sie Pfeifenreiniger in eine Bierflasche, diesmal die ihres Schwiegervaters. Er spuckte den Schluck angewidert aus, woraufhin Margit ihr zweites Opfer erwürgte.
GIFT
Rohrreiniger
OPFER
Ehemann Josef & Schwiegervater Georg
VERSUCH ERFOLGREICH?
Ja
»Butterkuchen«
Mit 15 Morden ist Gesche Gottfried eine der berüchtigtsten Giftmörderinnen aller Zeiten. Zwischen 1813 und 1828 tötete sie unter anderem ihre Eltern, ihre beiden Ehemänner, einen Verlobten und ihre Kinder, darunter die einjährige Johanna, der sie ein mit Mäusegift bestreutes Stück Trauerkuchen (Butterkuchen) zu essen gab – nach der Beerdigung ihrer eigenen Mutter, die sie wenige Tage zuvor vergiftet hatte.
Eine Woche später tötete sie auf die gleiche Weise ihre älteste Tochter Adeline (7).
Gesche Gottfried ist die letzte öffentlich hingerichtete Person in Bremen. Am 21. April 1831 wurde sie im Domhof vor (fast) allen damals 40.000 Einwohnern der norddeutschen Stadt für ihre zahlreichen Verbrechen enthauptet.
GIFT
Mäusegift (Arsen)
OPFER
15 Personen, darunter ihre Eltern, Ehemänner und Kinder
VERSUCH ERFOLGREICH?
Ja